Teilprojekte | Projektbereich C | Zirkulation und Ordnung

C01
Die Grenzen der Welt II: Konflikte und Spannungen makroterritorialer Grenzbildung

Als Teil des Projektbereichs C „Zirkulation und Ordnung“ nähert sich das Teilprojekt der Frage der Refiguration von Räumen aus der Perspektive der Grenzen an. In der ersten Phase hat sich das Projekt auf die Erhebung und Analyse von Grenzinfrastrukturen im globalen Kontext konzentriert und vier stark fortifizierte Grenzen im Hinblick auf ihre Bestimmungsgründe analysiert. In der kommenden Phase soll sich das Projekt mit den makroterritorialen Grenzbildungsprozessen im Zuge regionaler Integrationsvorhaben und deren Wirkung auf Personenmobilität beschäftigen. Dabei wird davon ausgegangen, dass Formen regionaler Integration eine wichtige Zwischenebene zwischen der globalen Ebene und dem nationalstaatlichen „Container“ darstellen. Regionale Integrationsprozesse stärken vielfach die Öffnung und Freizügigkeit im Binnenverhältnis und bewirken – möglicherweise dadurch verursacht – auch Abschließungsprozesse nach außen. Während das Schengener Abkommen – vollständiger Abbau von Grenzkontrollen – die avancierteste Form der Makroterritorialisierung darstellt, sind in anderen Fällen die Visumbefreiung, erweiterte Aufenthalts- und Niederlassungsrechte oder der Zugang zum Arbeitsmarkt typische Elemente. Zugleich lässt sich beobachten, dass ehrgeizige Integrationsvorhaben durch politische und ökonomische Ungleichheiten und Konflikte dauerhaft blockiert werden. In diesem Teilprojekt geht es deshalb auch um die Kollision und Verschränkung unterschiedlicher Grenz- und Raumfiguren und den Prozess der Herausbildung neuer Raumanordnungen. Grenzwandel der genannten Art verknüpft nationalstaatliche Territorialräume auf neue Weise, verändert die Grenze als Ort und schafft neuartige Netzwerke und Zirkulationen, was jeweils spezifische Spannungen mit sich bringt. Untersucht werden soll anhand von drei exemplarischen Fällen in unterschiedlichen Weltregionen (EU; Mercosur; ECOWAS), wie sich die Zirkulation im Inneren und über makroterritoriale Grenzen hinweg verändert und welche Konflikte dabei auftreten. Zudem soll analysiert werden, wie Prozesse der Exterritorialisierung von Grenzen (beispielsweise im Rahmen der EU-Grenzpolitik) in Konflikt mit der Raumlogik durch regionale Integration treten können. Beispielsweise hat die Einbindung von Mitgliedsländern der Westafrikanischen Wirtschafts-gemeinschaft (ECOWAS) in die Migrationspolitik der EU zu weniger Freizügigkeit innerhalb der regionalen Integrationszone geführt. Das Projekt nimmt eine systematisch vergleichende und fallrekonstruktive Perspektive ein und erschließt den Gegenstand über Dokumentenanalyse und Expert*inneninterviews. Schließlich sollen die in der ersten Phase erhobenen Grenzdaten zusammen mit unseren Visumdaten erweitert werden, um eine größere Zahl regionaler Integrationsprojekte vergleichend zu untersuchen. Leitende These ist hier, dass sich jeweils Öffnungen im Inneren und Härtungen im Außenverhältnis zeigen sollten und sich neue Zirkulationsregimes herausbilden. Das Projekt untersucht dabei, wie neue Raumanordnungen entstehen und wie diese strukturiert sind.

Publikationen

Phase 1 (2018-2021)

Die Grenzen der Welt: Prozesse von De- und Rebordering in globaler Perspektive

Im Projekt C01 „Die Grenzen der Welt: Prozesse von De- und Rebordering in globaler Perspektive“ untersuchen Prof. Dr. Steffen Mau und Kolleg*innen territoriale Landgrenzen zwischen Staaten.

In Abgrenzung zu frühen Annahmen der Globalisierungsdiskussion zur Entgrenzung und zum Bedeutungsverlust von Grenzen soll es in diesem Projekt um die Untersuchung der Grenze als physisch-gegenständliche Barriere und ihre Wirkung auf die Aneignung von Raum, auf die Organisation von Territorialität und auf die Zirkulation von Personen gehen. Rebordering und Re-Figuration von Räumen sind miteinander verwoben.

Die zentrale Projektperspektive zielt auf eine vergleichende Untersuchung physisch-materialer Qualitäten von Landgrenzen zwischen unterschiedlichen Staaten, von denen wir annehmen, dass sie auf Raumrelationen und räumliche Verfestigungen Einfluss nehmen.

Im Projekt geht es um eine vollständige Erfassung aller Landgrenzen, an denen zwei staatliche Territorien aufeinandertreffen. Die physische Qualität all dieser Grenzen soll mit einer Abstufung von vollständigem Wegfall aller Grenzbefestigungs- und Kontrollanlagen, punktueller Kontroller an Übergangsstationen, Sicherung der Grenze durch Patrouillen, der Existenz von Zaun- und Absperranlagen bis hin zum Vorhandensein von hohen Mauern mit wenigen und stark kontrollierten Übergangspunkten systematisch erfasst und beschrieben werden.

Aufbauend auf dieser Vollerhebung sollen qualitative Fallstudien stark fortifizierter und militarisierter Grenzen durchgeführt werden. Ziel dieser Fallstudien ist ein genauer Blick auf bestimmende Faktoren für den Abschottungscharakter von Territorialgrenzen.