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A01
Geographische Imaginationen II: Ontologische (Un)Sicherheiten in ländlichen Räumen
Das Teilprojekt „Geographische Imaginationen II“ untersucht international vergleichend die Refiguration ländlicher Räume in Bezug auf ihre Auswirkungen auf subjektivierte, sicherheitskonnotierte geographische Imaginationen. Wir analysieren empirisch, wie sich räumliche Vorstellungsweisen unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen (vor allem in Bezug auf Alter, Gender und sozialen Status) aufgrund von Prozessen der Globalisierung, Entgrenzung, Entankerung, Rückbettung und Mediatisierung zu Teilen gravierend verändern – und zu existenziellen, subjektivierten Verunsicherungen führen. In der ersten Förderphase haben wir, aufbauend auf empirischen Studien zum subjektiven Raumwissen in den drei hoch urbanisierten Untersuchungsorten Vancouver, Berlin und Singapur, eine geographische Vertiefung und Erweiterung des Konzepts der ontologischen Sicherheit geleistet. Wir konnten empirisch zeigen, dass gerade das Erleben von Sicherheit und Unsicherheit entscheidend von den jeweiligen städtischen, geopolitischen, sozialen und kulturellen Kontexten der Subjekte geprägt ist. In der zweiten Förderphase untersuchen wir darauf aufbauend und vergleichend Refigurationsprozesse in ländlichen Räumen: Welche Funktionen haben imaginierte Formen subjektiv erlebten Raumwissens für das individuell empfundene Vertrauen in die eigene Positionierung in ländlichen Räumen? Welche Raumfiguren und Raumanordnungen werden als konflikthaft wahrgenommen? Und welche geographischen Imaginationen spielen eine besondere Rolle bezüglich der eigenen Identitätskonstruktion(en) sowie der sozialen und materiellen Umwelt bei der Herstellung von ontologischer Sicherheit? Der Blick auf ländliche Räume in der zweiten Förderphase ist in Abgrenzung zu den zuvor untersuchten global vernetzten Agglomerationsräumen fruchtbar, weil sich hier Fragen von Macht, Herrschaft, Konflikt und globaler Eingebundenheit in Bezug auf ontologische Ver(un)-sicherungen anders stellen und somit auch andere Konflikte im Refigurationsprozess zwischen den Raumfiguren Territorial-, Netzwerk-, Bahnenraum und Ort zu vermuten sind. Konkret setzt das Teilprojekt die Fokussierung der ersten Förderphase auf Fallstudien in Kanada und Deutschland fort, um eine Vergleichbarkeit zu gewährleisten. Die in beiden Ländern ausgewählten Untersuchungsorte stecken ein zentrales Spannungsfeld ab, in dem sich ländliche Räume in Bezug auf ontologische (Un-) Sicherheiten konstituieren: die Unterscheidung von prosperierenden und peripherisierten ländlichen Räumen. Erstens wird am Beispiel von Powell River (British Columbia, Kanada) und Bad Urach (Baden-Württemberg, Deutschland) analysiert, welche geographischen Imaginationen im Alltag prosperierender ländlicher Räume verankert sind, die oftmals als ästhetisierte Sehnsuchts- und Rückzugsorte verhandelt werden für Menschen, die sich dem globalisierten Alltag in Großstädten versuchen zu entziehen. Zweitens untersuchen wir anhand von Burns Lake (British Columbia, Kanada) und dem Seeland (Sachsen-Anhalt, Deutschland) die subjektiven, sicherheitskonnotierten geographischen Imaginationen in ländlichen Räumen, die als peripherisiert gelten und deren Wahrnehmung von Perspektivlosigkeit, Bildern des Scheiterns und der Flucht (in die Stadt) dominiert werden. Empirisch ruht das Teilprojekt auf einem multi-methodischen Ansatz und kombiniert unterschiedliche Zugänge, wie Dokumenten- und Medienanalyse, Foto-Elizitation, reflexive Fotografie und kollektives Kartieren.
Phase 1 (2018-2021)
Geographische Imaginationen: Sicherheit und Unsicherheit im Generationenvergleich
Im Zentrum des Projekts „Geographische Imaginationen: Sicherheit und Unsicherheit im Generationenvergleich“ steht die Frage, inwiefern die Komplexitätssteigerung und Re-Figuration der Räume in sicherheitskonnotierten geographischen Imaginationen zum Ausdruck kommt. Wir gehen davon aus, dass sich räumliche Vorstellungsweisen bei allen Bevölkerungsgruppen aufgrund von Prozessen der Globalisierung, Entgrenzung, Entankerung, Rückbettung und Mediatisierung gravierend verändern – und teilweise zu großen Verunsicherungen führen, wie aktuelle öffentliche Debatten zum Brexit-Referendum in Großbritannien oder den Wahlergebnissen in den USA zeigen. Zugleich gilt als gesichert, dass sich Identität und Gruppenzugehörigkeit zentral über Ortsbezüge herstellen, etwa durch die symbolische Kontrastierung (und meist affektive Aufladung) von „unserem Raum“ und „dem Raum der Anderen“. Subjektives Raumwissen – gerade im Erleben von Sicherheit und Unsicherheit – ist darüber hinaus entscheidend geprägt von den sozialen und kulturellen Kontexten der Individuen. Vor diesem Hintergrund stellt das Projekt folgende forschungsleitende Fragen: Welche geographischen Imaginationen sind für das Sicherheitsempfinden der Subjekte relevant? Welche Rolle spielen Vorstellungen von Heimat im Kontrast zur Fremde, dem Nahen im Kontrast zur Ferne oder Vorstellungen von Stadt, Nation und Globalität? Wie hängen die verschiedenen Vorstellungen miteinander zusammen? Und wie unterscheiden sich solche geographischen Imaginationen für unterschiedliche Altersgruppen sowie in verschiedenen nationalen und kulturellen Kontexten? Empirisch wird die Frage nach den Veränderungen subjektiven Raumwissens über Gruppendiskussion und problemzentrierte Interviews (beide auf Basis von Photo-Elizitation) an drei Orten (Vancouver, Berlin, Singapur) untersucht. Wir analysieren vergleichend die geographischen Imaginationen von 15–30-Jährigen, 35–50-Jährigen und 55–70-Jährigen. Ziel ist die Herleitung idealtypischer geographischer Imaginationen nach Alter, sozialer Herkunft und geographischer Positionierung. Die emotionale und affektive Dimension sicherheitsbezogenen Raumwissens wird gezielt über die visuelle Methodik der Photo-Elizitation erhoben. Über das erstmals systematisch als polykontextural erfasste subjektive Raumwissen unterschiedlicher Altersgruppen an den drei Untersuchungsorten sollen übergreifende Konturen einer globalen Re-Figuration von Räumen greifbar werden.