Teilprojekte | Projektbereich B | Räume digitaler Mediatisierungen

B01
Peripherisierte ländliche Räume: Digitalisierung und Raumkonstruktionen

Das Teilprojekt untersuchte in der ersten Förderphase die Refiguration von Räumen am Beispiel von Digitalisierungsprozessen, digitalisiertem Handeln und veränderten Raumkonstruktionen in der städtebaulichen Planung seit den 1970er Jahren. Im Zentrum stand der zunehmende Einsatz von digitalen Planungstools wie z. B. GIS oder CAD. Über die untersuchten Fälle in New York City (USA), Lagos (Nigeria) und Frankfurt/Main (Deutschland) hinweg zeigte sich, dass Digitalisierungsprozesse zwar Ungleichzeitigkeiten aufweisen, dass aber sehr ähnliche Veränderungen im Planungshandeln und in der Art, wie Stadträume konstruiert werden, beobachtbar sind. Es ließ sich ein ausgeprägtes translokales Handeln beobachten: Mitglieder von Planungsteams arbeiten mithilfe digitaler Systeme zunehmend räumlich verteilt, von weit auseinanderliegenden Arbeitsplätzen aus, an ein und demselben Planungsprojekt für einen Stadtraum zusammen, der seinerseits auch an einem anderen Ort liegen kann. Nur ein kleiner Teil des Planungsteams muss unmittelbare Erfahrungen mit diesem Stadtraum haben. Stattdessen müssen Planende sehr heterogene, digitale raumbezogene Daten und damit eine hohe räumliche Polykontexturalität verarbeiten. Da Stadträume „datafiziert“ wurden und in Computerwelten eingegangen sind, werden planerische Raumkonstruktionen von dort aus weiter strukturiert und maschinell kokonstruiert. Ein weiteres Ergebnis ist, dass diese Veränderungen eher spannungsfrei verlaufen und bei aller Translokalität und Polykotexturalität des Handelns die Handlungsbezüge stets fest in großstädtischen Kontexten verankert bleiben. Ländliche Räume kommen nicht in den Blick.

In der zweiten Förderphase des SFB soll der Fokus daher von städtischen auf – peripherisierte – ländliche Räume verschoben werden, in denen wir spannungsreichere Veränderungen aufgrund von digitalisiertem Handeln vermuten. Es wird zwar weiterhin das Handeln von (regionalen) Planungsakteur*innen untersucht, zusätzlich wird jedoch das von (regional-)politischen Akteur*innen und Landbewohner*innen betrachtet. Wie in der ersten Förderphase werden Digitalisierungsprozesse, digitalisiertes Handeln und veränderte Raumkonstruktionen im Zentrum der Analyse stehen. Am Beispiel von Südkorea und Chile wird gefragt: Welche Digitalisierungsstrategien wurden verfolgt, und welche Digitalisierungsprozesse haben sich vollzogen? Welche Veränderungen lassen sich vor dem Hintergrund der verfügbaren digitalen Technologien und Anwendungen im Handeln der Akteur*innen beobachten? Und inwiefern verändern sich dadurch Raumkonstruktionen von ländlichen Räumen im jeweiligen kulturellen Kontext? Dabei untersuchen wir, welche Raumfiguren sich beobachten lassen und inwiefern sie spannungsreich aufeinandertreffen. Die Datenerhebungen erfolgen über Metaanalysen, Expert*inneninterviews, problemzentrierte Interviews und teilnehmende Beobachtungen. Für die Datenanalyse werden Verfahren der Grounded Theory Analyse genutzt.

Publikationen

Phase 1 (2018-2021)

Digitale städtebauliche Planungen: Planerisches Handeln und materiell-physische Anordnungen

Das Teilprojekt leistet einen Beitrag zum Projektbereich „Räume der Kommunikation“, der Veränderungen kommunikativen Handelns durch Mediatisierungsprozesse und deren Implikationen für die Re-Figuration von Raum untersucht. Ziel des Teilprojekts ist es, speziell Veränderungen im städtebaulichen Planen am Beispiel neuer digitaler Techniken und Kommunikationsmedien weltweit zu erforschen.

Drei Forschungsfragen stehen im Zentrum der Untersuchung:

 

  • Wie lassen sich Digitalisierungen in der städtebaulichen Planung seit den 1970er Jahren beschreiben und systematisieren?
  • Wie verändert sich vor dem Hintergrund von Digitalisierungsprozessen planerisches Handeln im Städtebau und mit welcher planerischen Raumkonstitution geht dies einher?
  • Wie verändern sich auf der Basis digitalen Planens materiell-physische städtebauliche Anordnungen im Verhältnis zu – auf analogem Planen beruhenden – Anordnungen aus den 1960er Jahren?

 

Für das digitale planerische Handeln sollen drei – ineinandergreifende – Handlungsbereiche in den Blick genommen werden: die städtebauliche Strukturplanung, v.a. das Arbeiten mit Geoinformationssystemen (GIS) zur Verarbeitung vielfältiger Informationen; die städtebauliche Gestaltungsplanung, v.a. das Arbeiten mit Tools wie dem Computer-Aided Design; und die kommunikative Planung zur Beteiligung von Stakeholdern und Bürgern, z.B. mit Tools der 2D- oder 3D-Simulationen. Untersucht werden Mediatisierungsprozesse am Beispiel von vier Städten auf vier Kontinenten: New York City (Nordamerika/USA), Lagos (Afrika/Nigeria), Songdo (Asien/Südkorea) und Frankfurt/Main (Europa/ Deutschland).