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C07
Plattformökonomie: Raumkonflikte um Airbnb zwischen weltweiter Vermarktlichung und territorialer Einhegung

Das Teilprojekt untersucht die Refiguration von Räumen am Beispiel von Airbnb. Die Frage ist, wie und wann sich Konflikte aus den Spannungen zwischen den Raumfiguren Ort, Netzwerk- und Territorialraum ergeben. Grundlage für diese Analysen ist, dass ein spezifisches Wechselverhältnis von Ort und Netzwerk-raum den digitalen Marktplatz von Airbnb prägt. Als ein zentrales Beispiel für die Plattformökonomie ermöglicht es Airbnb, weltweit Übernachtungen zu buchen, und verknüpft so Orte in einem digitalen Netzwerkraum. Als cyber-physischer Raum verbindet Airbnb ortsbezogene Eigenschaften, wie Lage und Umfeld, mit virtuellen Eigenschaften des digitalen Marktplatzes, wie Algorithmen, Beschreibungen und Bewertungen. Airbnb kuratiert dabei die ortsgebundenen Angebote und die weltweite Nachfrage, um einen Profit zu erwirtschaften. Während zu Beginn unter dem Schlagwort der „Sharing Economy“ viele auf eine nachhaltige Art des Wirtschaftens und eine digitale Gemeinschaft hofften, wächst derzeit die Kritik. Kritiker erkennen in Airbnb ein Paradebeispiel für ein Marktregime einer radikalisierten Ökonomisierung, das Privatunterkünfte zur globalen Ware macht. Tatsächlich nutzen vermehrt professionelle Anbie-ter*innen Airbnb, um oftmals mehrere Privatunterkünfte gewerbsmäßig anzubieten. Der weltweite Erfolg und die Professionalisierung von Airbnb erzeugen in vielen Städten zunehmend Folgeprobleme, wie sinkende Wohnqualität, steigende Immobilienpreise und nicht-regulierten Tourismus. Dabei entstehen vor Ort Raumkonflikte um Airbnb, in denen lokale Initiativen und kommunale Ämter insbesondere in definierten Territorialräumen, zu denen Städte oder Stadtteile werden, agieren. So sind territoriale Amtsgebiete oftmals Ausgangspunkt von Versuchen, Regeln aufzustellen und durchzusetzen, um Airbnb einzuhegen. Bisher ist jedoch wenig bekannt, wie Airbnb die konkreten Orte in einen digitalen Netzwerkraum einbindet und wie das konflikthafte Wechselverhältnis von Netzwerk- und Territorialraum die Aktivitäten auf dem digitalen Marktplatz von Airbnb prägt.

Das Teilprojekt untersucht Raumkonflikte und die zugrundeliegenden Wechselverhältnisse der Raum-figuren Ort, Netzwerk- und Territorialraum mit einem Mixed-Methods-Design im Städtevergleich: Das Design vergleicht drei Städte (Berlin, Kapstadt, San Francisco), um einerseits zu prüfen, ob Airbnb eine weltweit einheitliche Vermarktlichung umsetzt, und um andererseits aufzudecken, ob und wie lokale Initiativen und kommunale Ämter wirksame Einhegungsversuche realisieren. Die quantitativen Analysen nutzen Airbnb selbst als neuartige Datenquelle. Dabei speichert Web Scraping die Daten einzelner Angebote (GPS-Koordinaten, Bewertungen, Beschreibungen usw.) als lokalen Datensatz. Das umfasst beispielsweise für Berlin, bei monatlichen Intervallen ab dem Jahr 2015, über eine Million Beobachtungen, die die Angebote und ihre Eigenschaften über die Zeit abbilden. Mit dieser hochauflösenden Paneldaten-struktur und GPS-Koordinaten lässt sich der Marktplatz genau analysieren und mit weiteren Datenquellen verknüpfen. Weitere quantitative Analysen prüfen mit Daten zu Konfliktereignissen und Paneldaten zu den Airbnb-Angeboten die Wechselwirkungen zwischen dem Marktplatz und Raumkonflikten im Zeitverlauf. Zusätzliche qualitative Analysen vertiefen und fundieren die quantitativen Ergebnisse. Ausgehend von qualitativen Fallstudien einzelner Angebote erweitern Expert*inneninterviews die Perspektive um eine Analyse der Raumkonflikte um Airbnb. Dieser Schritt untersucht Airbnb, lokale Initiativen und kommunale Ämter. Vor dem Hintergrund aktueller Entwicklungen prüft das Projekt abschließend, ob sich die vorgefundenen Zusammenhänge nach der Covid-19-Pandemie pfadabhängig fortschreiben oder ob sich die Verhältnisse auf dem digitalen Marktplatz von Airbnb substanziell verändern.